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Empfehlungen japanische Literatur

Liebe Freunde,

 

dieses Jahr ist es am 21.05. endlich wieder soweit und der Japan-Tag 2022 findet in Düsseldorf statt.

Eine gute Gelegenheit also, um euch an dieses faszinierende Land und seine Literatur heranzuführen und den einen oder anderen Titel etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Angefangen vielleicht mit dem Mann, mit dem hier im Westen (für mich, wie für viele andere auch) alles angefangen hat: Haruki Murakami. Noch heute begeistern mich seine Bücher von der ersten bis zur letzten Seite und üben mit ihrem Hang zum Magischen Realismus einen ganz eigenen Sog und eine ganz eigene Faszination aus.

Besonders hervorheben möchte ich dabei das Buch “Die Chroniken des Aufziehvogels” (1994-1995). Die Geschichte rund um den etwa 30-Jährigen Toru Okada, der sich eigentlich nur auf die Suche nach seiner Katze macht, dann aber doch eine 1000-Seiten lange Odyssee durch seine eigene Psyche, die japanische Geschichte und durch die Stadt Tokyo macht, hat so ziemlich alles, was einen echten “Murakami” ausmacht.

 

Wer die japanische Literatur chronologisch angehen möchte, dem sei als Startpunkt vielleicht Natsume Soseki und sein Roman “Kokoro” (1914) ans Herz gelegt. “Liebe ist ein Verbrechen” meint der alte, hochgebildete Mann und der junge Protagonist des Buches geht dieser Aussage auf die Spur. Was quält den “Sensei”, führt ihn zu solchen Feststellungen und wieso will er nicht über gewisse Teile seiner Vergangenheit reden?

In knapper, klarer und doch eindringlicher Sprache geht Soseki in diesem kleinen Band Themen wie Vertrauen, Freundschaft und Schuld auf den Grund.

Zu Recht ein absoluter Klassiker (der japanischen Literatur).

 

Auch wenn es (bisher) leider nicht auf deutsch erschienen ist und wir auf die englische Variante zurückgreifen müssen, darf im Zuge der japanischen Klassiker “Territory Of Light” (1986) von Yuko Tsushima nicht fehlen. Tsushima (zweite Tochter des ebenfalls SEHR wichtigen Schriftstellers Osamu Dazai) schreibt in ihrem kleinen, nur zwölf Kapitel umfassenden Buch, von den ersten zwölf Monaten aus dem Leben einer jungen Frau, nachdem sich ihr Mann von ihr getrennt und sie und ihr gemeinsames, zweijähriges Kind zurückgelassen hat. Selbstfindung, Überleben in dem Moloch Tokyo, Mutterschaft und Emanzipation sind zentrale Themen. Die Protagonistin ist durchweg nahbar und authentisch, wenn sie sich zuerst ihr Leben mit ihrem Ehemann zurück-, und das kleine Kind zur Hölle wünscht (wenn es nach einer durchzechten Nacht mit “flüchtigen Bekanntschaften” wieder rumquengelt und zu viele Fragen stellt).

Wer sich ein authentisches Bild vom Leben einer jungen Frau in Tokyo Anfang des 20. Jahrhunderts machen will, der sollte unbedingt diese 120 Seiten nachholen.

 

Ein etwas aktuellerer Titel ist das Buch “Kirschblüten und rote Bohnen” (2016) von Durian Sukegawa. Sentaros Traum ein Schriftsteller zu werden ist schon lange geplatzt und nun arbeitet er tagaus tagein in einem Imbiss, verkauf lustlos Dorayaki und versucht nicht komplett an seinem Alltag zu verzweifeln. Frischen Wind bringt die alte Tokue, die den Spezialitäten aus seinem Laden mit ihren Kochkünsten das gewisse Extra gibt und die Kunden alsbald Schlange stehen. Eine dieser Kunden ist das aus schwierigen Verhältnissen stammende Schulmädchen Wakana. Gemeinsam bilden die drei ein sehr ungleiches Trio und so unterschiedlich sie auch sein mögen, so lernen sie von den jeweils anderen doch wichtige Lektionen für ihr weiteres Leben und ihre allgemeine Weltanschauung.

Was ein vor kitsch nur so triefender Roman hätte werden können ist eher das Gegenteil – ein Buch der leisen Töne und der kleinen Gesten.

Wer also seinem eigenen Alltag mit einem einfach schönen, ruhigen Buch entfliehen möchte, ist mit “Kirschblüten und rote Bohnen” bestens beraten.

 

Zum Schluss möchte ich noch eine aktuelle Autorin empfehlen, die mit ihren beiden nun ins Deutsche übersetzten Werken für Furore gesorgt hat: Mieko Kawakami. Zuerst erschien ihr Buch “Brüste und Eier” (2020), vielleicht einem der schönsten Buchtitel aller Zeiten…oder zumindest einer, der aufhorchen lässt. Kawakami widmet sich in diesem Roman der Diskriminierung der Frauen – und das in allen Bereichen: die soziale Frage des Geschlechts, Schönheitsnormen, der Alterungsprozess bei Frauen und noch vielem mehr. Gleichzeitig vergisst sie dabei nicht, eine schöne, humorvolle und fluffig verpackte Geschichte zu erzählen: Die dreißigjährige Natsuko wird von Ihrer Schwester und deren Tochter in Tokyo besucht und alle drei haben mit dem “Frau-Sein” zu kämpfen; welchen Wert hat Natsuko als unverheiratete, asexuelle Frau in der Gesellschaft/welchen Schönheitsnormen ist Makiko (ältere Schwester) ausgesetzt und wie geht sie damit um/wie überstehe ich irgendwie die Pubertät (Tochter).

Ihr zweites, im Zuge des Erfolges von „Brüste und Eier“, übersetztes Buch ist eine herzzerreißende  Coming-Of-Age-Geschichte. In “Heaven” (2021) wird der namenlose Ich-Erzähler jeden Tag brutal gemobbt. Statt jedoch Widerstand zu leisten, nimmt er sein Schicksal stumm hin, es scheint ja auch niemanden zu interessieren (weder seine Stiefmutter, die meistens mit sich selbst beschäftigt ist, noch seinen Vater, der durch Abwesenheit glänzt). Eines Tages jedoch findet er eine Nachricht in seinem Federmäppchen “Wir gehören zur selben Sorte.” Seine Klassenkameradin Kojima lässt ihm diese Botschaften zukommen und nach und nach entwickelt sich zwischen den beiden (die weiterhin nur heimlich kommunizieren um keine Aufmerksamkeit zu erregen) eine tiefe Verbindung.

Zwischen Szenen leiser Freundschaft (und vielleicht auch Liebe) und martialischem Mobbing, entstehen auch immer wieder (philosophische) Gespräche über Religion und die Rechtfertigung von Gewalt gegen die Schwachen in der Gesellschaft.

Weitere Autoren und Autorinnen die ich mit gutem Gewissen hätte nennen können und die nur eine Google-Suche oder eine Anfrage(-Mail/WhatsApp) in der Bücherstube entfernt sind: Akiko Yosano, Dazai Osamu (insbesondere sein in Teilen autobiografisches Werk „Gezeichnet“ (engl. „No longer human“), Banana Yoshimoto, Ryu Murakami (ziemlich heftiges Zeug) und Sayaka Murata.

Ich hoffe, mit diesem paar Buchtipps habt ihr ein paar kleine und große Ansatzpunkte für japanische Literatur und erliegt vielleicht auch bald dem Reiz der Bücher aus dem Land der aufgehenden Sonne.

 

Falls ihr noch Fragen und Anmerkungen habt – schreibt es uns gerne in die Kommentare oder sprecht mich sehr gerne an. Ich freue mich auf euch!

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