Für manche Autoren und Bücher braucht es einfach den richtigen Zeitpunkt. Lange schon hatte ich das Buch “Leben zu verkaufen” von Yukio Mishima in meinem Regal stehen und war nun endlich in der richtigen Stimmung es zu lesen und damit meine vergangenen Lesewochen maßgeblich zu prägen. Selten hat ein Titel eine solche Begeisterung für einen Schriftsteller (oder Schriftstellerin) ausgelöst, wie dieser….aber der Reihe nach.
Yukio Mishima ist einer der bekanntesten und einflussreichsten japanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts und alleine über sein eigenes Leben ließen sich unzählige Bücher schreiben: Schriftsteller, Modell, Regisseur, Schauspieler, Ultranationalist, Poet, Anführer seiner eigenen paramilitärischen Truppe, Bodybuilder, und und und….
Fest steht – Mishima fasziniert, gleichzeitig sollte man ihm aber mit einiger kritischer Distanz gegenüberstehen.
Vor ein paar Wochen also hat es endlich “Leben zu verkaufen” auf meinen Schreibtisch geschafft und alleine die Grundidee des Romans faszinierte mich sofort – nach einem gescheiterten Selbstmordversuch ist der Protagonist von allem desillusioniert und inseriert in der Zeitung, frei nach dem Motto “zum Abschluss etwas Abwechslung”: “Leben zu verkaufen. Verfügen sie frei über mich.”
Was für eine Prämisse!
Schon klar, dass sich diesem Aufruf folgend eher zwielichtige Gestalten melden.
Krimi-Noir, Reflektion über Leben und Tod und noch viel mehr stecken in diesem kleinen, aber feinen Roman.
Ich war also “hooked” und umgehend musste der nächste Roman her.
“Bekenntnisse einer Maske” ist wohl einer der bekanntesten Romane von Mishima und das zurecht.
Protagonist Kochan wächst im imperialistischen Japan auf und entwickelt schon sehr früh eine Faszination für (die Wechselwirkung) von Liebe, Gewalt, Tod, Sex….und den männlichen Körper; Kochan ist homosexuell, natürlich ein absolutes No-Go in der damaligen Zeit. Alsbald erfindet er für sich selbst eine neue Identität, eine “Maske”, um so sein zu können, wie die anderen.
In diesem stark autobiografischen Roman behandelt Mishima Themen wie Einsamkeit, Konformität, Sexualität und Identität. Und wieder schafft er es, in einer eher kurzen Erzählung ein ganzes Lebensgefühl zu transportieren und gleichzeitig den Zeitgeist eines Landes zu einer bestimmten Zeit sehr präzise abzubilden.
Weiter ging es mit “Der goldene Pavillon”.
Dieses Mal nicht autobiografisch, aber lose auf wahren Begebenheiten beruhend, geht es hier um den Brand im Goldenen Pavillon in Kyoto 1950 der von einem Mönch ausgelöst wurde.
Unser Protagonist Mizoguchi ist häßlich, verarmt und zu allem Überfluss stottert er auch noch. Kein Wunder, dass ihn seine Mitschüler schneiden und er den Anschluss verliert.
Nach und nach flüchtet er sich in (Rache-)Fantasien und entwickelt gleichzeitig eine überhöhte Faszination für den goldenen Pavillon in dem er arbeitet. An ihm reflektiert sich sein ganzes Denken über die Dualität von Schönheit und Zerstörung/Verfall und es dauert nicht lange, bis sich verhängnisvolle Gedankengänge in seinem Kopf formen – darf und kann Schönheit für immer bestehen?
Zugegebenermaßen gibt es wohl einfachere Lektüre als die genannten Romane, aber Yukio Mishima ist bereits mit diesen drei Titeln zu einem meiner absoluten Lieblingsautoren geworden und weitere Bücher stehen schon in meinem Regal parat. Es geht dann auf Englisch weiter, denn weitere Werke sind auf Deutsch leider nicht verfügbar.
An dieser Stelle vielleicht eine kleine Anregung an den wunderbaren Kein & Aber Verlag, auch seine anderen Bücher ins Programm aufzunehmen und in den schlichten, aber tollen und hochwertigen Editionen zu veröffentlichen.
Falls euch einer diese Kurzzusammenfassungen neugierig gemacht hat, gebt Yukio Mishima doch mal eine Chance oder sprecht mich gerne im Laden darauf an.
Nun wäre meine Frage: Welcher Autor hat euch in letzter Zeit begeistert/nicht mehr losgelassen/gehyped? Schreibt es uns gerne in die Kommentare.
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